23. März 2017 (22:45 Uhr)
Halbherzigkeit
Seit heute Mittag befinde ich mich wieder im Fastenplan von Drache (Kombinierter Fastenplan). In gut einer Stunde beginnt das alle 2 Stunden Aufstehen. Ich habe bereits einen längeren Spaziergang hinter mir, in dem ich tief in die Zeit mit Thomas abgetaucht bin. Dennoch fühle ich Unzufriedenheit. Mir gefällt die Art nicht, wie ich dem Fastenplan selbst diesmal begegne. Ich bin nicht wirklich fokussiert, folge dem Plan zwar uneingeschränkt, es fühlt sich dabei aber so an, als würde ich es nebenbei erledigen. Woher das kommt, weiß ich noch nicht. Diese Egal-Stimmung wird sicher in den nächsten Tagen noch Thema werden. Sie ist mir vorher schon in anderen Bereichen aufgefallen. Vielleicht war das auch unbewusst ein Antrieb, mal wieder nach Drache zu fasten.
Thomas war ein bewusst gewähltes Thema. Ebenso will ich die Zeit nutzen und mich intensiver mit meinen Eltern befassen. Ein weiteres Thema wird meine Schulzeit sein. Hier vermute ich einige grundlegenden Weichen, die ich bisher ausgeblendet habe. Ich September ist Klassentreffen – also eh gerade ein guter Zeitpunkt, sich damit zu befassen. Zu guter Letzt wollte ich nochmal zurück in die Zeit, als Cheffe noch häufiger da war, um zu untersuchen, was sich geändert hat. Wobei dieser Punkt ni9cht ganz so wichtig ist, weil ich denke, dass ich dort auch ohne diese Intensität, die das Fasten mit sich bringen wird, hinkomme. Auf der anderen Seite ist aber so viel Zeit, dass ich mich bestimmt auch dort herumtreiben werden.
24. März 2017
Die erste Nacht
Ich denke ich bin ganz gut durchgekommen. Schwierigkeiten machten mir die Kopfschmerzen. Um 2 und um 4 zogen sich die 10 Minuten Meditation auch gefühlt endlos lang. Das Wiedereinschlafen hingegen funktionierte ganz gut. Wie schon gestern festgestellt, verlief alles routiniert, aber ohne Biss. Ich weiß nicht mal, ob das wirklich notwendig wäre, aber es verwirrt mich etwas. Mittlerweile sind die Kopfschmerzen wieder abgeklungen. Mal schauen, wie es tagsüber noch wird – es gibt ja auch keinen Kaffee.
Unruhiger Geist (19:30 Uhr)
Der erste Tag neigt sich allmählich dem Ende. Körperlich geht es mir diesmal gut. Mein Kreislauf ist diesmal nicht eingebrochen. Ich glaube das hängt mit dem stark reduzierten Kaffeekonsum seit der Fastenkur im letzten Jahr zusammen. Außerdem trinke ich nur Wasser – meist heißes. Der Ingwer-Tee, den ich sonst viel getrunken habe, fühlte sich zu aggressiv ab.
Dafür habe ich bisher nichts bearbeiten können. Mein Geist lässt sich einfach nicht auf ein Thema lenken. Stattdessen tingelt er die ganze Zeit über „alles“. Morgen ist Obst erlaubt. Da denke ich wird es besser. Das Wetter meint es auch gut mit mir. Ich konnte mich sogar in die Sonne setzen.
25. März 2017
Allergie
Heute ist Obst-Tag. Letzte Nacht verlief nicht so toll, da mich die Allergie wieder ärgerte. Meine Theorie, dass beim Fasten die Allergie herunterfährt, ist somit wiederlegt. Dafür kristallisiert sich ein ganz anderer Zusammenhang heraus. Denn wenn ich dem Auslöser folge, hat der alles andere im Sinn, nur nicht Probleme wälzen. Mittlerweile fühlt es sich wie eine Trennwand in mir drin an, die zwischen dem hier und jetzt und dem geplanten Abtauchen ins Unterbewusstsein differenziert. Oberhalb ist alles gut, nur wenn ich ins Unbewusste wandern möchte, treibt es die allergischen Reaktionen hoch. Vermutlich war es auch gestern schon so, nur konnte ich das Zusammenspiel noch nicht erkennen.
Sicherlich hat der Allergie-Auslöser nichts mit meinen Plan-Themen gemein. Der Zustand entsteht vermutlich eher durch eine dauerhafte Anspannung, mit der ich unbewusst reagiere und die dieses sensible künstliche Gleichgewicht in mir begründet. Ich kann also nur das Beste daraus machen und mich so gut es eben geht im Heute aufhalten. Wo ich mich doch so auf die Probleme gefreut habe!
Das Schweigen hat begonnen (15:30 Uhr)
Seit 3 Stunden ist Schweigen „angesagt“. Nach einem längeren Spaziergang und einem kleinen Nickerchen geht’s mir auch Mental ganz gut. Mein körperlicher Zustand fühlt sich nach wie vor gut an. Ich fühle mich trotzdem erschöpft.
Neben diesem Umstand ist aber noch ein weiteres Gefühl aufgetaucht. Es ist ganz hell und scheint zu lächeln. Ich kann es im Moment im Bereich des Herzzentrums ausmachen.
Eine gewisse Lustlosigkeit hat sich auch hinzugesellt. Sie streut die Stimmung für „Abbrechen“ in die Runde. Da muss ich jetzt halt durch. Meist vergehen solche Widerstände ja zum Glück nach einiger Zeit wieder von alleine.
Zwischenstand (21:10 Uhr)
Mittlerweile fährt die Allergie wieder etwas hoch. Aber zumindest tagsüber war davon nichts zu merken. Der Hänger am Nachmittag verging schnell wieder in der Sonne und ich konnte mich bereits mit einigen Themen, jetzt in der geplanten Intensität, befassen. Vor allen Dingen die Halbherzigkeit tauchte als Punkt wieder auf und ich verstand, dass es schlichtweg an der Einstellung zu meinem Leben liegt. Es ist bisher eben nicht alles so gelaufen, wie ich es mir erhofft und vorgestellt hatte und in der Konsequenz verliert mein Leben dadurch ein Stück an Wert. Nicht viel, aber eben genug, um es am fehlenden inneren Feuer zu merken. Die 3 offensichtlichen Punkten sind dabei das Auflösen der Schwarzen Schwestern, die Trennung und das Zerwürfnis mit meinen Eltern. Allen gemein ist, dass ich anschließend mit wieder etwas weniger Elan unterwegs war. Ich muss hier umdenken und lernen, aus meinem Leben das Beste herauszuholen, unabhängig davon ob es sich nach meinen Vorstellungen entwickelt oder nicht.
26. März 2017
Letzte Nacht
Die begann schon recht früh, so um 22:00 Uhr. Ich konnte plötzlich weder sitzen noch stehen. Mein Rücken fand alles doof, also blieb nur noch Schlafengehen. Das funktionierte sogar ganz gut. Mit dem Aufstehen und Kalt-Duschen hatte ich keine Probleme und die nächtlichen Meditationen liefen sehr viel besser als in der ersten Nacht. Das lag sicherlich auch daran, dass ich in fast jedem Abschnitt einprägsame Träume hatte und somit genügend Stoff für die Meditation. Ansonsten beschränkte ich mich ausschließlich auf Atem-Meditation, was teilweise sogar sehr angenehm war und ich glaube auch der Grund dafür, dass sich die Allergie nicht durchsetzte.
Das Schweigen geht ganz gut von der Hand. Unsere beiden Kater kümmert es überhaupt nicht, dass ich keinen Ton von mir gebe. Das macht es leichter. Nur nachts beim Aufstehen ist es mir einmal, noch im Halbschlaf, passiert, dass ich mich laut mit einem „Los jetzt!“ anfeuerte. Das gibt Punktabzug in der B-Note! 😉
Heute Morgen um 8 Uhr bzw. um 9, weil Zeitumstellung war, fühlte ich mich regelrecht erholt und beflügelt. Ganz so ist es aber leider nicht. Tatsächlich bin ich matt und was mir gestern bereits auffiel, dauerhaft angespannt. Das wird vermutlich die Disziplin sein, die ich da wahrnehme. Jetzt geht’s aber erstmal wieder raus. Die Strecke vom letzten Mal habe ich immer wieder in Gedanken durchgespielt, sollte den Weg also wiederfinden.
Spaziergang (11:30 Uhr)
Anfangs war ich etwas enttäuscht. Die Wahrnehmung war schon deutlich schärfer als sonst, aber kaum anders als gestern. Da Sonntag ist, war es eh ruhiger. Ich achtete dann mehr auf den Weg und immer wieder kamen dabei deutliche Bilder an Stellen, wo ich beim ersten Spaziergang zum Beispiel ausweichen musste. Im Gegenzug dazu wusste ich einige Male nicht mehr, wo genau ich beim ersten Mal die Straßenseite gewechselt hatte. Immer nur ungefähr.
Am Weißensee war es heute viel unruhiger als die Tage davor. Viele Jogger, Spaziergänger und Kinder waren unterwegs. Als ich dann endlich eine Bank gefunden hatte, kam mein Kopf trotzdem nicht zur Ruhe. Die Unruhe um mich herum ließ es einfach nicht zu. Deshalb rief ich in Gedanken einen buddhistischen Mönch – irgendwie schien mir das in dem Moment passend zu sein – und bat ihn um Unterstützung. Er setzte sich sofort neben mich und schien durch die Menschen hindurch zu sehen. Dann sagte er „Die Menschen sind wie Gedanken. Sie kommen und sie gehen!“ Mit diesem Ansatz konnte ich sofort etwas anfangen. So gelang es mir schließlich auch, mit dem Kopf beim Wasser zu bleiben, während immer wieder Menschen zwischen mir und dem See durchs Bild liefen.
Das kostete mich allerdings Energie, wodurch das letzte Stück auf dem Heimweg kaum noch besondere Wahrnehmungen hervorbrachte. Das war aber nicht so schlimm. Jetzt bin ich ziemlich erschöpft und brauche erstmal ein Päuschen. Zum Glück scheint auch heute wieder die Sonne. Nur mein Rücken wird mir da vielleicht ein paar Probleme bereiten. Mal schauen…
Fazit (20:00 Uhr)
So langsam geht mir die Puste aus. Der Rücken schmerzt und es ist keine Energie mehr vorhanden, um weitere Themen zu bearbeiten. Das habe ich in den letzten Stunden intensiv getan und gemerkt, dass ich hier teilweise noch zu oberflächlich unterwegs bin. Würde ich mir häufiger dafür Zeit nehmen, hätte ich es in manchen Bereichen sicherlich etwas leichter. Ändern würde sich dadurch vermutlich nicht viel. Muss ja auch nicht. Die Intensität zu erhöhen war ja eh einer der Sterne, unter dem das Fasten diesmal zu stehen scheint. Wie ich es realisiere, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
29. März 2017
Rückblick
Heute sieht die Welt schon wieder anders aus. Ich bin zufrieden mit mir, weil ich es doch recht gut und ohne große Abstriche gemeistert habe. Die lange Reise in die Schulzeit und auch der exzessive Abstieg in die Konflikte mit meinem Vater, haben viel Energie freigesetzt. Klar habe ich gerade etwas Sorge, dass alles wieder verschwindet, tatsächlich bin ich im Moment aber noch in der Phase, in der sich die Erlebnisse erstmal setzen müssen. Ich glaube beim nächsten Mal brauche ich diesen Alleingang so nicht mehr. Leerraum ja, aber keine dauerhafte Einsamkeit. Das Durch-Menschen-Sehen übe ich weiterhin, was mich zwar anstrengt, aber gleichzeitig sehr effektiv zu sein scheint, wenn ich mich beispielsweise durchs Stadtgetümmel bewege und den Kopf frei brauche.
Mehr hätte ich aus den Tagen nicht herausholen können. Das habe ich gemerkt. Dadurch weiß ich jetzt, dass ich für die Zukunft dabei noch ausreichend Reserven hätte, um auch mit anderen gemeinsam fasten zu können.